„Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.“

(Charles Reade)

Ich habe gesehen, dass laut einer MDR Umfrage und einer Umfrage für die Welt am Sonntag eine Mehrheit der Deutschen das Gendern ablehnt. Das hat mich ins Nachdenken gebracht. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis, sowie auch in meiner Familie gibt es dazu unterschiedliche Haltungen. Ich habe die Meinungen, die mir geäußert wurden, zusammengetragen und habe versucht, sie aus meiner Sicht zu kommentieren. Und zwar weil ich das Gendern für wichtig erachte.

Die Argumente:

  • Als Frau: Es ist mir egal, ob gegendert wird. Mir ist das nicht wichtig.

Diese Haltung kann man haben. Aber, gerade als Frau finde ich, ist es wichtig sich für Sichtbarkeit und Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. Noch um 1890 durften Frauen nicht studieren. Bis 1958 konnte ein Ehemann über das Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden. Noch in den 70er Jahren durften Frauen in Redaktionen nicht dieselben Aufgaben übernehmen, wie Männer. Und: Noch heute gibt es eine große Kluft zwischen den Gehältern bei Männern und Frauen. Deshalb sollte es eigentlich keiner Frau egal sein, ob sie gesehen wird, also ob gegendert wird oder nicht.

  • Ich finde gendern zu kompliziert

Das ist kein Argument, sondern eine Verweigerung. Auch wenn die Umgewöhnung etwas Zeit und Geduld kostet: Ist es den Aufwand nicht wert, wenn sich dafür eine andere Person gesehen und verstanden fühlt?

  • Ich finde gendern nicht schön, die Sprache wird verunstaltet

Sprache ist nicht in Stein gemeißelt, verändert sich immer. Man darf darüber streiten, ob eine Schifffahrt mit drei „f“ schön ist, aber sie wird dennoch so geschrieben, weil es grammatikalisch als richtig erkannt wurde. Genauso muss sich auch die Sprache hinsichtlich Gendergerechtigkeit verändern. Egal ob Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich. Das mögen manche nicht schön finden, aber es ist dennoch richtig, wenn man das weibliche Geschlecht nicht unsichtbar machen will.

  • Wir haben die letzten Jahrzehnte auch nicht gegendert, warum jetzt?

Nur weil man es die letzten Jahrzehnte nicht gemacht hat, ist es noch lange nicht richtig. Das Mantra: Wir haben das schon immer so gemacht, ist nicht zukunftsfähig. Sprache verändert sich, so wie sich Gesellschaften und Werte verändern. Vor der Frauenbewegung hatten hauptsächlich Männer das Sagen. Ihnen kam es deshalb auch nicht in den Sinn, Frauen über Sprache miteinzubeziehen. Das heißt aber nicht, dass das für immer so bleiben muss.

  • Wer gendert diskriminiert andere Geschlechter, die in der Minderheit sind

Dieses Argument ist schlichtweg falsch. Die Markierung eines Sternchens zwischen zwei Gendern bedeutet, dass alle Geschlechter miteinbezogen sind, also auch transgender oder binäre Persönlichkeiten.

  • Es gibt wichtigere Fragen, als die Genderdebatte

Es stimmt, es wird viel über die Genderfrage diskutiert. Und natürlich gibt es wichtige Fragen, die nicht geklärt sind. Aber es ist keine Entweder-oder-Frage, ob ich gendere. Nur weil ich mich um eine gendersensible Sprache bemühe, heißt das nicht, dass ich mich nicht auch um andere wichtige Fragen kümmern kann.

  • Das generische Maskulin meint alle. Ich als Frau fühle mich auch angesprochen, wenn ich als „Student“ bezeichnet werde.

Wenn ich vom Arzt oder Astronauten spreche, sehe ich keine Frau vor mir, sondern einen Mann. Oder ich stolpere drüber und frage mich: Wer ist gemeint? Meinen die nur Männer oder auch Frauen? Diese Unklarheit verfestigt Rollenklischees und das bereits im Kindesalter. So bleibt die strukturelle Benachteiligung von nicht-männlichen Personen erhalten. Du fühlst Dich auch angesprochen, wenn Du als Frau als „Student“ bezeichnet wirst? Gut, aber nur weil sich eine Person oder ein bestimmter Personenkreis nicht angegriffen fühlt, muss das nicht automatisch für alle anderen gelten.

Mein Fazit:

Sprache ist ein wichtiges Instrument. Wenn ich insbesondere kleinen Mädchen nur erzähle, welche großartigen Wissenschaftler, Mathematiker und Astronauten es gibt, dann identifizieren diese sich womöglich nicht damit auch selbst große Wissenschaftlerinnen, Mathematikerinnen oder Astronautinnen zu werden. Ich finde es deshalb wichtig, zu gendern. Nicht nur, weil erwachsene Frauen in der Sprache des generischen Maskulinums nicht vorkommen, also nicht sichtbar sind und ich das für ungerecht halte. Sondern auch, weil sich kleine Mädchen – unsere Zukunft – nicht repräsentiert sehen. Frauen sind aber genauso wert gesehen zu werden. Und deshalb bin ich auch fürs Gendern.  

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