House of Leaves

Ich liebe spannende Geschichten. Das Genre ist mir dabei im Prinzip egal ­– Hauptsache die Story fesselt. Als leidenschaftlicher Leser habe ich schon viele gute Bücher verschlungen. Hin und wieder stößt man auf Bücher, die auf Grund ihrer Außergewöhnlichkeit einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ein solches Buch – „House of Leaves“ von Mark Z. Danielewski – stelle ich an dieser Stelle kurz vor.

Ein merkwürdiges Haus

Im Jahr 2000 erschienen und erst 2007 ins Deutsche übersetzt, galt „House of Leaves“ (dt. „Das Haus“) des US-amerikanischen Autors Mark Z. Danielewski lange Zeit als Geheimtipp für all diejenigen, die gerne mal etwas anderes lesen wollten. Doch worum geht es eigentlich? Der Dokumentarfotograf Will Navidson zieht mit seiner Familie in ein abgelegenes Haus und stellt eines Tages plötzlich fest, dass das Haus von innen größer ist als von außen. Zudem entdeckt er eine Tür im Haus, die beim Einzug noch nicht da war und die in ein Labyrinth führt, das seinen eigenen Gesetzen unterworfen ist. Zusammen mit vier expeditionserfahrenen Abenteurern begibt sich Navidson an die Erforschung des Labyrinths und dokumentiert das Ganze auf Video.

Der Navidson-Record, so der Name des Dokumentarfilms, wird später von Zampanò, einem alten Blinden(!), einer ausführlichen wissenschaftlichen Analyse unterzogen. Diese Abhandlung gelangt wiederum nach dem Tod von Zampanò in die Hände des drogenabhängigen Rumtreibers Johnny Truant, der unter Wahnvorstellungen leidend das vorliegende Material nun selbst zu analysieren beginnt. Den Roman, der sich fast schon nach einer literarischen Zusammenarbeit von Stephen King und H.P. Lovecraft anhört, zeichnet jedoch neben der interessanten Handlung noch etwas ganz anders aus, nämlich seine Form.

Der deformierte Textkörper

Beim Durchblättern des Buches fallen nämlich sofort typographische Besonderheiten auf, die man als Leser in dieser Form nur selten zu Gesicht bekommt. So werden beispielsweise für die verschiedenen Erzählstimmen unterschiedliche Schrifttypen (Times, Courier, Dante) verwendet. Das Wort „Haus“ ist zudem unabhängig von der Sprache, in der es geschrieben steht, immer blau gedruckt. Darüber hinaus wird in großen Teilen des Romans das gesamte Layout aufgebrochen, wodurch der Textkörper einer Deformation unterzogen wird: der Text erscheint mal gespiegelt oder auf dem Kopf stehend, er läuft quer über die Seite oder bildet Tempo, Raum bzw. Akustik nach; auf manchen Seiten finden sich gar nur wenige Wörter.

Fernerhin stellen die knapp 500(!) Fußnoten, die im Buch aufgeführt sind, einen Bezug zu realen sowie fiktiven Quellen her. Jeder Leser, der diesen Fußnoten nachgeht, verirrt sich dabei in einem Labyrinth aus Querverweisen, wodurch die Form des Buches gleichzeitig ein strukturelles Abbild der Handlung selbst darstellt. Neben der spannenden Geschichte und den typographischen Besonderheiten sind es jedoch vor allem die verborgenen Bedeutungen und die zahlreichen Codes, die in „House of Leaves“ gefühlt auf fast jeder Seite präsent sind, wo sie stets mehrere Bedeutungsebenen miteinander in Beziehung setzen und den Roman damit zu etwas ganz und gar Außergewöhnlichem machen. Wer also schon immer mal eine literarische Grenzerfahrung machen wollte, dem sei „House of Leaves“ wärmstens empfohlen.

Über den Autor: In seiner Freizeit befasst sich Oleg Rudometkin gerne mit postmoderner Literatur und widmet sich mit Freude seinem dichterischen Schaffen.

Literaturempfehlung: Das Haus | Mark Z. Danielewski

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