Es wird gesagt, dass die Unternehmenskultur sich durch Werte und Traditionen vorheriger „Arbeitsgenerationen“ aufbaut. Sie wird weitergegeben an alle, die neu dazu kommen. Vereinzelt wird sie auch von den Neuen verändert.
Ich habe letztens einen Artikel über Bürolandschaften gelesen. In diesem wird geschrieben, dass das Aufkommen des Büros für viele Frauen gut war, denn sie konnten nun arbeiten gehen. Das stimmt. Frauen waren die ersten „Siedler“ der Bürolandschaften. Aber Frauen waren keine Führungskräfte oder Gründer. Sie waren Sekretärinnen oder Schriftführerinnen. Organisierten die Dokumente und Papiere, damit die Arbeit in großen Fabriken oder auf Plantagen rund lief.
Selten Frauen unter den „Knowledge Workern“
Mit dem Aufstieg der IT nach dem zweiten Weltkrieg und der Ausweitung der Anwendungsmöglichkeiten von Computer und Co. kam es auch zur Etablierung der sogenannten „knowledge worker“. Also Arbeiter, die mit und durch Wissen arbeiteten. Es bildeten sich viele Spezialisten aus, die jahrelang studieren mussten, um dieses Wissen dann in guten Jobs, hochbezahlt anzuwenden. Darunter waren selten Frauen zu sehen. Denn unter der vorherrschenden Kultur in Unternehmen, hatten Frauen einfach nicht den nötigen Biss, das Durchhaltevermögen oder den Bildungshintergrund. Einfach, weil die Aufgabe der Frau sich lange Zeit auf andere Tätigkeiten bezog. 1949 kam es in Deutschland erst (oder schon?) zur formalen Gleichstellung von Männern und Frauen durch die Neu-Formulierung von Artikel 3 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ (Emma.de)
Wenig Frauen in leitenden Positionen
Seitdem sind über 70 Jahre vergangen. Frauen können jede Bildung genießen und jeden Job ausüben, den sie haben wollen. Und dennoch muss ich gestehen, dass in den meisten Jobs, in denen ich gearbeitet habe, die Anzahl der Frauen in forschenden, technischen oder leitenden Positionen gering war. Durch Quoten oder Anreize schafft Mann Richtlinien, an die Mann sich halten muss. Das ist richtig und wichtig. Wenn Frau aber dennoch mit einer schädlichen Kultur in Verbindung treten muss, um einen Job in leitender Position zu bekommen, dann macht das alles keinen Sinn. Denn der Druck, der auf diesen Frauen dann liegt, ist viel zu hoch. Die Umkehr von: „Wir machen Frauen den Weg frei“ zu „Wir haben es ja gewusst, eine Frau kann den Job einfach nicht machen“ liegt viel zu dicht beieinander.
Ich verstehe jede Frau, die sagt, dass sie keinen Bock hat, alte, weiße* Männer davon zu überzeugen, dass sie den Job genauso wie jeder andere machen kann und ihr Geschlecht damit gar nichts zu tun hat. Denn dann kommt sie auch nicht zu ihrem Job und kann ihn gar nicht so gut machen wie sie es möchte. Kommt sie aber in eine Unternehmenskultur, in der Mann ihr offen begegnet und sie für Ihr Können und nicht ihr Geschlecht lobt, so ist sie tatsächlich gleichgestellt. Sie muss keine lästige Zeit des Tages damit verbringen, ob sie auf Grund ihres Könnens oder auf Grund ihrer Quote anerkannt wird.
Wir sind mit der Quote auf einem guten Weg. Durch die prozentuale Erhöhung von Frauen in Führungskräften, erhöht sich automatisch der prozentuale Anteil all jener, die für einen Kulturwandel stehen. Die ein neues Denken mitbringen und für Diversität stehen. Wenn wir die Quote erfüllen, ohne sie zu benötigen oder gesetzlich festzulegen, dann können wir alle sagen, wir haben es geschafft. Unsere Kultur ist dann offen, divers und anders.
* Verallgemeinernd für ein Privileg, welches auf Grund der Hautfarbe und des Geschlechts gewährt wird.
Über die Autorin: Zita Katharina Eggardt ist Expertin für Unternehmenskultur und Diversität mit dem Fokus auf Innovation und Kreativität. Sie studierte Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen in Hamburg, promoviert derzeit an der Technischen Universität und schreibt auf ihrem Blog über Frauen in Männer dominierten Branchen, Unternehmenskultur und ihre Erfahrungen als Gründerin.
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